Das Ritterideal des Abendlandes

Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen könnt. Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.Darum legt die Rüstung Gottes an, damit ihr am Tag des Unheils standhalten, alles vollbringen und den Kampf bestehen könnt.

Seid also standhaft: Gürtet euch mit Wahrheit, zieht als Panzer die Gerechtigkeit an und als Schuhe die Bereitschaft, für das Evangelium vom Frieden zu kämpfen. Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen. Nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes.Hört nicht auf zu beten und zu flehen!

(Eph 6, 11 – 18.)

 

 

Dieses christliche Programm des Apostels Paulus fand im Mittelalter eine Konkretisierung im Rittertum, dem – zumindest im Anspruch – christlichen Soldatenberuf dieser Zeit. Insbesonders in der staufischen Epoche (1170-1250) entwickelte der Adel an den Fürstenhöfen eine eigenständige Kultur. Die Loslösung von der Vorherrschaft der Kirche, die Machtentfaltung des staufischen Kaisertums und die Erweiterung des Gesichtskreises durch die Kreuzzüge führten zu einer weltlichen, ritterlichen Kultur. Das neue höfische Ethos definierte sich im ritterlichen Lebensideal, das sich in folgenden Begriffen darstellt:

 

  • mâze: Maßhalten können
  • zuht: Erziehung, Selbstzucht
  • hoher muot: seelisches Hochgestimmtsein (nicht Hochmut!)
  • froide: heitere Lebenshaltung
  • êre: Ehre
  • triuwe: Treue
  • staete: Beständigkeit
  • milte: Milde
  • minne: eine aristokratische und öffentliche Form der Frauenverehrung, Dienst an der vollkommenen, unerreichbaren, verheirateten, höhergestellten Dame (frouwe)